Die Geschichte der Zwiebel in Borna
Neben der Stadt Borna bestand die bis 1934 eigenständige Gemeinde Altstadt Borna – die Siedlung, vermutlich slawischen Ursprungs, wurde während des Hochmittelalters im Zuge der Deutschen Ostsiedlung durch deutsche Bauern, aus Richtung Thüringen kommend, erweitert. Diese Menschen brachten auch den Feldgemüsebau in unsere Region mit. Denn die natürlichen Bedingungen boten sehr günstige Voraussetzungen für den Anbau anspruchsvoller agrarischer Kulturen.
Besonders die Böden am Ortsrand der Wyhraaue waren äußerst fruchtbar. Zusätzlich wirkte sich die Lage im Zentrum der Leipziger Tieflandbucht positiv auf den Anbau anspruchsvoller Kulturen aus. Durch eine relativ lange Vegetationsdauer konnten zum Teil zwei Kulturen pro Jahr angebaut werden. Den Hauptteil der landwirtschaftlichen Betriebe hatten die Feldgärtner, die im Umkreis Gemüsefelder, beispielsweise mit Zwiebeln, bewirtschafteten. Ihr Leben war durch die aufwendige Bestellung und Bearbeitung der Gemüsefelder und die Eigenversorgung mit Nahrungsmitteln geprägt. Vor allem die Zwiebel mit ihrem langwierigen Fruchtrhythmus stellte die Feldgärtner hier vor besondere Herausforderungen. So vergingen zwischen der Absamung und der erntereifen Gemüsezwiebel insgesamt drei Sommer. In diesem Sinne war auch die benachbarte Stadt Borna bis zur Zeit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert eine ländlich geprägte Handels- und Handwerkerstadt. Die Feldgärtnerei mit ihrem Schwerpunkt auf dem Gemüseanbau ist nicht nur in Altstadt Borna verbreitet gewesen. Etwa ein Drittel der Feldgärtner lebten in der Stadt. Die kleinen landwirtschaftlichen Flächen rund um Borna und Altstadt Borna ließen großbäuerliches Wirtschaften nicht zu. Sodass der großflächige Anbau zum Beispiel von Getreide und die Versorgung eines großen Haustierbestandes nicht in der Form, wie vielleicht andernorts, möglich war. Ein Feldgärtner bearbeitete verhältnismäßig kleine Flächen, die meist auf mehrere Teilflächen rings um Borna und Altstadt Borna verteilt waren. Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts wuchs der Bedarf an frischem Gemüse und Feldfrüchten, da sich die Einwohnerzahlen in den umliegenden Ballungsräumen und dem südlichen Mittelgebirge erhöhten. Die gute Anbindung Bornas an die Bahn begünstigte den Absatz der frischen Nahrungsmittel und der Handel florierte – vor allem den Bornschen Zwiebeln, die sogar bis nach Bayern, Böhmen, Thüringen, Hamburg und England/Großbritannien geliefert wurden.
Bereits im Mittelalter hatte die Zwiebel in unserer Region eine besondere Bedeutung: So war es im Mittelalter Brauch in der Neujahrsnacht zwölf Zwiebeln, die je einen der kommenden Monate darstellen sollten mit Salz zu bestreuen. So zog man Schlüsse auf die kommende Witterung: Zwiebeln deren Schale bis zum nächsten Morgen trocken blieb, weissagten einen trockenen Monat, feuchte Schalen wiesen auf viel Regen hin. Ebenso zu Zeiten des Mittelalters war es üblich drei weiße Zwiebeln im Stall aufzuhängen, um das von Hexen ausgehende Unheil vom eigenen Vieh fernzuhalten.
Ab dem Jahr 1928 stiftete der damalige Feldgärtnerverein einen jährlich zu verleihenden „silbernen Wanderpokal“, den der Züchter der größten Zwiebel erhielt. Im selben Jahr verzeichnen die Geschichtsbücher das bis dato größte Exemplar mit unglaublichen 614 Gramm. Die besondere Beziehung der Bornaer zu „ihrer Zwiebel“ macht auch eine Bornaer Spezialität der Konditorei Hausmann deutlich. Als „Bornaer Zwiebel“ wurde ein feines Gebäck mit Mokkafüllung auf Wunsch „in aller Herren Länder“ verschickt. In Besinnung auf diese reiche Tradition entstanden einzigartige Kunstwerke wie zum Beispiel die „Bornaer Zwiebelkantate“ für Bläserquintett und Gesangsterzett des Komponisten Siegfried Bethmann. Im Kulturpalast Böhlen entstand ein Folkloreprogramm unter dem Titel „Bornaer Zwiebelmarkt“. Lieder, Tänze und Texte rund um die Zwiebel, den ländlich-bäuerlichen Bereich und die Tradition der Kirmes ließen auf der Bühne ein buntes Markttreiben entstehen – 1987 wurde dieses Programm zur 750-Jahr-Feier Berlins in der Hauptstadt aufgeführt.